Ansichten
zu Politik und Recht

Eugen David

Demokratie heisst nicht Freiheit

In vielen politischen Debatten – gerade in westlichen Ländern – werden Demokratie und Freiheit gleichgesetzt.

Das ist ein Fehler.

Seit der Antike ist bekannt: die alleinige absolute Macht der Mehrheit garantiert weder die Freiheit des Einzelnen, noch die Freiheit von Minderheiten.

Freiheit für den Einzelnen und für Minderheiten gibt es nur, wenn der Staatsmacht institutionell abgesicherte Grenzen gesetzt sind.

Das gilt genauso für Demokratien, Oligarchien und Monarchien. Diktaturen fallen ohnehin weg, da dort die grenzenlose Staatsmacht zum System gehört.

Aktuell neigen demokratische und formal-demokratische Systeme wieder dazu, autoritäre Führer an die Macht zu bringen. Beispiele sind: Erdogan in der Türkei, Orban in Ungarn, Putin in Russland, Trump in den USA.

Die Freiheit des Einzelnen und von Minderheiten kommt damit unter Druck. Nur wenn die freiheitssichernde Institutionen halten, bleibt die Freiheit geschützt.

Freiheitssichernde Institutionen sind:

  • konsequente Gewaltenteilung
  • individuelle Grundrechte
  • Amtszeitbeschränkung des obersten Gewaltinhabers
  • unabhängige und handlungsfähige Justiz und
  • Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit.

Am Beispiel Türkei kann man erkennen, dass der demokratisch legitimierte autoritäre Führer nach und nach alle freiheitsichernden Institutionen beseitigt hat. Ist dieser Prozess abgelaufen, ist der Schritt zur Diktatur vollzogen und die Freiheit auf demokratischem Weg beseitigt.

In Ungarn ist der Prozess in vollem Gange, die Gewaltenteilung funktioniert nicht mehr, die Grundrechte sind angetastet, die Justiz ist unter Druck und die freie Presse liegt am Boden. Alles demokratisch legitimiert.

In Russland herrscht das Diktat einer demokratisch legitimierten totalitären Oligarchie, in der keine freiheitssichernden Institutionen existieren. Und die Oligarchie raubt die Bodenschätze des Landes, insbesondere Öl und Gas. Auch das demokratisch legitimiert.

In den USA sind die freiheitssichernden Institutionen noch intakt. Nur deshalb hält sich der Schaden, den der derzeitige demokratisch legitimierte, egomane autoritäre Führer, laut seinem ehemaligen Aussenminister ein „moron“, anrichtet, noch in Grenzen. Mit der Benennung oberster Richter, die ihm treu folgen, will er eine Säule der Freiheit einreissen.

Wem die Freiheit des Einzelnen und von Minderheiten ein Anliegen ist, muss sich nicht für mehr Demokratie einsetzen, sondern für den Schutz der freiheitssichernden Institutionen gegen freiheitsfeindliche, aber demokratisch legitimierte Angriffe.

30.06.2018

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